Heute war ein langer und sehr abwechslungsreicher Tag.

Begonnen hat er schon tief in der Nacht: Als Quentin und ich tief in unserem jeweiligen Shelter geschlafen haben, hat es angefangen zu gewittern – zumindest hat es über der Ostsee geblitzt und gedonnert, auch wenn es bei uns dann doch nichts war. Victor, der am Strand geschlafen hatte, ist dann noch zu uns an die Shelter gekommen und kam nachts um zwei an. Er hat kurz mit uns geredet, und Quentin hat im schlaftrunkenen Zustand Platz im Shelter gemacht – die beiden haben dann zusammen dort gepennt.

Quentin wollte eigentlich früh los, das hat dann aber doch nur so semi-gut geklappt, weil immer noch etwas zu tun war. Ich habe wie immer meinen Porridge gemacht, nur heute etwas mehr und mit den anderen beiden geteilt. Beide waren sehr begeistert von dem Porridge. 🙂
Gemeinsam haben wir noch die Wildgänse beobachtet auf ihrem Weg nach Norden, ich kann mich nicht erinnern, schon mal eine annähernd so große Formation gesehen zuhaben.

Dann ging es auch für mich los – ich bin auf schnellem Weg weiter Richtung Kopenhagen gefahren. Mein erster Halt war einfach ein Gefängnis, das statt Krokodile im Wassergraben einen Büffel auf einer Weide hatte.

So schnell war es dann aber leider doch nicht. Ich hatte am Anfang zwar Rückenwind, aber der hat sich den ganzen Tag immer wieder gedreht, zwischenzeitlich sogar Regen mitgebracht, und ich durfte mich im Regen durch den Gegenwind kämpfen – aber das war zum Glück nach ein paar Minuten wieder vorbei.


Während all dieser Wege habe ich angefangen, das zweite Buch von Ken Folletts Jahrhundertsaga zu hören: Winter der Welt. Gerade das erste Kapitel hat mich sehr erschreckt, weil es mich stark an die aktuelle Weltlage erinnert. Er schildert darin, wie überall auf der Welt in den 1930ern die Faschisten Aufwind bekamen, nach der Macht griffen und sich ihnen eine schwache Linke entgegenstellte. Ich habe dann erst mal meine Oma angerufen, und wir haben ein bisschen geredet und beschlossen, dass wir – wenn ich wieder da bin – uns hinsetzen und ihre und Opas Erinnerungen und Geschichten an die Faschisten in Deutschland aufnehmen und festhalten. Es wird nicht mehr lange Menschen geben, die sich selbst an diese Zeiten erinnern können. Ich denke, es ist wichtig, so viel wie möglich festzuhalten, damit wir es in Zukunft nutzen können. Gerade als angehender Politiklehrer finde ich das super spannend.

Vor dem Gespräch habe ich natürlich mal wieder Oma von Marlo Großhardt gehört und erst an Ola gedacht, mit der ich gerne über diese Entwicklungen gesprochen hätte. Mich würde wirklich interessieren, was sie dazu sagen würde. Aber ich habe das große Glück, noch mit meiner anderen wundervollen Oma reden zu können, und das nutze ich gerne, so viel ich kann. Danke, Oma und Opa, dass ihr so toll seid.

Heute wurde übrigens die gesamte AfD als gesichert rechtsextrem durch den Verfassungsschutz eingestuft. Ich hoffe sehr, dass jetzt ein Verbotsverfahren eingeleitet wird und die Partei verboten wird. Das wäre aus meiner Sicht die Atempause, die es bräuchte, um den Faschismus wieder einzufangen. Das bedeutet aber auch, dass viele Veränderungen angegangen werden müssten: Sozialsystem, Schulsystem, das ganze Gesundheitssystem und vieles mehr müsste überholt werden. Aber genug Politik für heute.

Weiter bin ich dann zwischen Straße und Küste Richtung Kopenhagen gefahren. Irgendwann, kurz vor Kopenhagen, hat sich der Radweg dann von der Straße entfernt und wurde super schön und ruhig.

So bin ich dann fast bis Kopenhagen gefahren. In Kopenhagen wurde ich dann von den Menschenmassen erschlagen, und es wurde mir schnell zu viel. Ich habe auch keinen Schlafplatz gefunden, und der Campingplatz, den ich mir rausgesucht hatte, hatte auch nicht offen.

Also habe ich etwas enttäuscht beschlossen, morgen doch keinen Tag in Kopenhagen zu verbringen, habe etwas eingekauft und mich dann auf den Weg zum nächsten Shelter gemacht. Irgendwann habe ich dann angefangen, mit einer Freundin zu telefonieren. Nach einer Weile ist ein Radfahrer neben mich gefahren und hat mich gefragt, wohin die Reise geht. Das Gespräch mit Martina haben wir dann unterbrochen, und ich habe kurz mit dem Radfahrer gesprochen – und ganz frech gefragt, ob er nicht einen Platz hat, wo ich schlafen kann. Er war super offen und nett, hat dann kurz mit seiner Frau telefoniert – und ich darf bei ihnen unterkommen heute Nacht! Ich kann morgen meine Sachen da lassen, in Ruhe Kopenhagen anschauen gehen und sie dann später abholen und weiter zum nächsten Shelter fahren.

Er hat mir dann noch den schönsten Weg in Google Maps eingetragen und ist dann schnell weitergedüst. Ich bin ganz gemächlich zu ihnen gefahren. Das hat nochmal gute 13 km gedauert, aber der Weg war wirklich schön – besonders das Ende durch einen großen Tierpark, also so einen Jagdwald des Königs(?), war echt schön. Dort habe ich auch eine Herde Rehe gesehen, die frei herumgelaufen sind und sich überhaupt nicht für die Menschen interessiert haben.

Angekommen bei ihnen haben wir uns dann auch noch vorgestellt und ich darf jetzt bei Steffen, Lisbeth und ihrer Tochter Sowal statt in meinem Zelt hier im Gästezimmer schlafen. Stefan hat mich dann auch wundervoller weise zum Essen eingeladen. Es gab Spaghetti mit Bolognese – mit Fleisch von einem Reh aus dem Park. Das war echt sehr lecker.
Solche Begegnungen und Erlebnisse liebe ich einfach, es ist so toll <3
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